Mit Zelt in der Wildnis des Rondane Andrea & Jochen Schäfer
Nach dem Advent ist vor dem Advent! Der Countdown fürs nächste Weihnachtsfest läuft – bei uns zumindest.
Wo könnte man im Corona-Sommer sicherer sein, als allein im Zelt in der norwegischen Wildnis? Um es vorweg zu nehmen: wir trafen dort insgesamt nur 54 Leute – also weniger als bei uns im Großraumbüro.
Der DNT informierte im Vorfeld, dass man nicht unangemeldet in die Hütten kann, selbst eine telefonische Anmeldung am gleichen Tag war nicht möglich. Aber wir hatten ja unser sturmerprobtes Zelt… und waren vom letzten Jahr super motiviert. Aber auch bei uns hat Corona und Home-Office zu so mancher Trainingspause geführt. So entschieden wir uns, diesmal „altengerecht“ zu trekken und die Tour zu teilen, um mit dem so eingesparten Gewicht der mitzunehmenden Lebensmittel unser Trainingsdefizit auszugleichen. Schließlich wollten wir uns ja auch erholen und die Landschaft erleben.
Ein kleiner Tipp für Nachahmer, in Kvam kann man sehr günstig auf einem Zeltplatz in Hütten übernachten und sich bei Touren auf dem Kvamfjellet und Teigkampen gut akklimatisieren bzw. wie wir, eher die Fitness testen.
Los ging’s am Parkplatz Spranget mit Proviant für 5 Tage. Statt der Straße zu folgen, ging es erst mal durch ein Feuchtbiotop, in dem man zahlreiche Moltebeerensammler sah, dann etwas oberhalb der Straße zum Flatfjellet. Unser erster Zeltplatz war am Eingang zum Illmanndalen mit Blick zu den höchsten Gipfeln des Rondane. Der einfach besteigbare Storronden (2138 m) stand auf unserem „Gutes-Wetter-Wunschzettel“ und lockte uns mit dem schon seit 3 Tagen immer gegen 13 Uhr aufreißenden Gipfel. Die Wetterprognosen waren gut: Den nächsten Morgen ging es mehr als 1000 Hm nach oben. Auch wenn er als leicht gilt, er ist wie aus Steinen aufgeschüttet. Wir tappten im Nebel bzw. Wolken nach oben – sogar etwas schneller als gedacht. Leider, denn oben war Null Sicht, es riß einfach nicht auf. Also ohne Sicht wieder runter – klar, als wir unten waren, lugte der Gipfel hervor und lachte förmlich vor dem blauen Himmel. Von unten sah er auch schön aus :-) und bei schönem Wetter kann ja jeder hoch. Über das Illmanndalen ging es zur Hütte Björnhollia – die hatten wir noch wegen des drohenden Regeneinbruchs und der wunderschönen Erinnerungen an die nette Hüttenwirtin und ihres unvergleichlich leckeren Essens gebucht. Diesmal hatte der Wetterbericht Recht und wir konnten am späten Nachmittag entspannt von drinnen dem starken Regen zusehen und abends wieder himmlisch gut essen. Am nächsten Tag gings auf eher weniger begangenen Wegen in Richtung Eldåbu. Unterwegs Blaubeeren ohne Ende – und Elchspuren. Nach der Hütte fanden wir doch noch einen Platz für unser Zelt, auch wenn das Wasser weit weg war. So ein 10 Liter Wassersack ist schon Gold wert! Nachts besuchten uns noch ein paar Kühe, in deren Revier wir uns wohl verirrt hatten. Über das Vullufjellet ging es einsam weiter – mit Abstecher auf den Søre Eldåkampen (1224 m) Kaum wieder unterwegs, öffnete der Himmel wieder die Schleusen… und natürlich weit und breit kein Platz für ein Zelt – also Regenklamotten an und weiter. Am Geitberget wurde der Boden wieder trockener und etwas ebener, aber nachdem wir im strömenden Regen das Zelt aufgebaut hatten, hörte es – welch Ironie – urplötzlich auf, Sonne, als wäre nichts gewesen. Also: Blaubeeren sammeln und Klamotten trocknen.
Am nächsten Tag ging es bei herrlicher Aussicht in Richtung Parkplatz. Kurz vorher wurde das Zelt aufgebaut, der Regen zog wieder übers Land. Am Auto kurze Rast und das nächste Lebensmittelpaket in den Rucksäcken verstaut. Nach 1 Stunde ging es weiter. Wir versuchten einen Weg zur Peer-Gynt-Hytta zu finden, doch den Pfad im GPS gab es nicht mehr und so stapften wir pfadlos quer Feld ein durch das Dickicht Richtung Peer-Gynt-Hytta. Wir kamen mal wieder bei Regen am Etappenziel an – und als wir im Zelt lagen, hörte der Regen natürlich wieder auf. Einsam ging es weiter – durch das Kjondalen, Storsteinen und zur Jägerhütte, um danach entlang der Schlucht hinunter zum Kvannslådalsåe, wo wir wieder unseren bereits 2018 erprobten Zeltplatz direkt am Fluß bezogen. Diesmal mußten wir mit 14 Schafen diskutieren, wer bleiben darf. Aber als Schäfer… Nachts hatten sie wohl noch einmal nachgesehen, ob wir noch da sind… Weiter über den Doppelgipfel der Sletthøe (1576m) zum Storrvatnet… die Wetterprognosen waren nicht gut und wir versuchten einen ordentlichen Zeltplatz zu finden, auf dem man ggf. auch etwas länger aussitzen konnte. Wie wahr: 36 Stunden saßen wir hier fest. Es machte einfach keinen Sinn, weiter zu gehen und wir hatten auch Reservezeit. Vorbei an einer Rentierfalle ging es über die Gravhøe in Richtung Grimsdalshytta. Wir nutzen den Zeltplatz am Rande des Naturschutzgebietes. Schnell war eine wunderbar ebene Fläche für unser Zelt gefunden. Nach einem ordentlichen nächtlichen Regenguss stellten wir morgens fest, dass wir mit unserem Zelt die einzige nennenswerte Pfütze des Platzes gefunden hatten. Also trockneten wir unsere nassen Klamotten und das Zelt. Mittags war alles trocken, so dass wir uns bergauf über das östliche Ende der Gravhøe und dann 400 Hm steil hinab ins Haverdalen aufmachten. Schon wieder Elchspuren an unserem Zeltplatz.
Am nächsten Tag dann die „Königsetappe“ durch einen perfekten Trollspielplaty über das scheinbar unendliche Steinfeld des Übergangs Dørålsglupen. 600 Hm hoch und 500 Hm runter ins Dørålen, durch die Trollbauklötze – riesige Steinblöcke, die in den Weg geschmissen wurden. Aber der Weg war einfach nur schön, die Sonne kam raus, wir hatten Sicht und den Eindruck, dass die Wegführung durch den Steindschungel viel angenehmer als vor 2 Jahren war. Unsere Idee, über das Langholet und Rondvassbu zum Parkplatz zu gehen, mussten wir wegen des doch sehr unbeständigen Wetters ad acta legen. Der Weg war recht feucht und die Furt auf die rechte Seite des Bergedalsbekken nur mit tiefem Waten möglich. Wir entschieden uns, auf dem Hauptweg zu bleiben. Unterhalb des Aufstiegs zum Rondhalsen (1640 m) fanden wir einen windgeschützten Platz für unser Zelt. 500 Hm hinauf – in der Nacht hatte es oben geschneit – der Abstecher zum Veslesmeden versprach keine Aussicht, also gleich die 600 Hm hinab zur Rondvassbu. Es versprach, eine kalte Nacht zu werden, ohne Aussicht auf Wetterbesserung: also gleich noch weiter zum Auto. Diesmal entlang der langweiligen Straße und mit tief fliegenden Wolken. Noch einmal eine Zwischenstation auf dem Zeltplatz in Kvam, 2 Tagestouren im Gudbrandsdalen und dann über Gjøvik (HiHostel) zurück zur Fähre. Oslo haben wir aus Infektionsschutzgründen diesmal ausgelassen.
Und gestern bereits die Fähre für 2022 gebucht. Norwegen, wir kommen wieder.